CROWD – Ein interdisziplinäres Performance Projekt

Die Tanz- und Musikaufführungen finden in sozialen Einrichtungen und/oder an außergewöhnlichen, außertheatralen Orten statt.


CROWD verlässt die Bühne und definiert sie sich neu innerhalb sozialer Institutionen, die nicht für Kunst und Kultur geschaffen sind, wie z.B. Geflüchtetenunterkünfte, Wohnheime, Begegnungsräumen. Die Aufführungsorte bleiben dabei authentisch – eine stille Theateratmosphäre wird nicht erwartet. CROWD wird an den gewöhnlichen Aufenthaltsorten der jeweiligen Institutionen aufgeführt, z.B. in den Gemeinschaftsräumen oder Speisesälen. CROWD bezieht die vorhandene Umgebung und Atmosphäre mit ein. Der Ort und die Menschen werden ohne deren aktive Mitwirkung in die Improvisation integriert. So können vertraute Räume auf eine völlig neue Weise erlebt werden. Für die Institution entsteht kein zusätzlicher Aufwand.

Reclaiming improvisation & real time composition

Real-time composition is a cutting-edge performance art tendency

Musik-Tanzimprovisation als Performance ist so radikal und präzise wie andere Formen der zeitgenössischen Kunst. Es ist die feine und mut-erfordernde Arbeit daran, absolut im Moment zu sein und von dort aus zu agieren. Sie repräsentiert ein maximales Maß des Zuhörens der Einzelnen gegenüber der Gruppe. Sie fordert alle Performer*innen dazu heraus, Entscheidungen zu treffen aufgrund dessen, was das Gesamtbild braucht, anstelle ihrer individuellen Präferenzen oder guten Einfälle. Improvisation als Performance erfordert somit eine Praxis und Expertise im Austarieren zwischen dem Fokus auf den Raum als Ganzes und dem Innenleben. Fragen wie z.B. „Was ist meine Stimmung in diesem Augenblick? Wie übersetze ich das in Bewegung? Musikalisch: Was ist mein Rhythmus, mein Tempo? Welche Räume eröffnet meine Imagination?“, werden in Bezug gesetzt und angepasst an das, was der gesamte Raum erfordert. Damit repräsentiert diese bedeutsame Kunstform ein bestimmtes, erstrebenswertes Modell des Zusammen-Seins.

Gesellschaftlicher Ansatz

Mit der Praxis der Improvisation möchten wir uns an ungewöhnliche, marginale Orte trauen, mit dem Fokus im Blick: Wie können wir dort eine Verbindung zum Publikum aufbauen? Wie können wir Interesse wecken und Anschluss finden an Orten mit wenig Zugang zu Kunst und Kultur? Als Nebeneffekt schafft CROWD dadurch ein sehr heterogenes Publikum – Menschen, die eng mit der Kunst- und Kulturszene verbunden sind, treffen auf ihnen unbekannte Orte und Menschen und umgekehrt. Der Austausch von Menschen unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppierungen soll mithilfe dieser Performance-Praxis gefördert werden. Für die Barrierefreiheit ist der Anspruch von CROWD die Veranstaltungen kostenfrei anzubieten.

Fragen, die den Prozess als Ausgangspunkt begleiten, sind folgende: Wo und wie können wir mit dem Publikum in Resonanz treten? Wie können wir mit unserer Kunstform Menschen mit einschließen und erreichen, indem wir sie an den grundmenschlichen Qualitäten von Wachheit, Risikobereitschaft, Sich Zeigen, Zuhören, Reagieren teilhaben lassen, in die das Ensemble sich begibt?

CROWD lädt die Bewohner*innen – unabhängig von Alter, Gender, körperlicher und geistiger Verfassung, Religion und anderen sozial konstruierten Kategorien – dazu ein, an CROWD teilzuhaben und neuartige Erfahrungen zu machen.

Zudem wird das Netzwerk von Trinidad Martinez und den anderen beteiligten Künstler*innen gezielt genutzt: Durch ihre langjährige Erfahrung in der Durchführung von Tanzprojekten an Schulen, Flüchtlingsunterkünften und anderen sozialen (Bildungs-)Einrichtungen, werden soziale Institutionen gezielt angesprochen und zu einem Besuch von CROWD eingeladen.

Das transformative Potenzial der Musik-Tanzimprovisation für gesellschaftliche Prozesse auf individueller Ebene sowie in Bezug auf Gruppen möchten wir dazu einsetzen, Kunst und Kultur zu entprivilegisieren Hier wird deutlich, dass mit CROWD ein Vorhaben realisiert wird, das den Beginn eines längerfristigen künstlerischen Formates markiert, in dessen Rahmen das Potenzial künstlerischer Inhalte und Strategien für gesellschaftliche Prozesse genutzt werden möchte.

Warum Flüchtlingsunterkünfte?

Seit 2015 arbeitet Trinidad Martínez als Tanzpädagogin intensiv mit verschiedenen Hamburger Flüchtlingsunterkünften zusammen. Dabei entstand die Idee, die Performance an diese besonderen Orte zu bringen.

„Ich habe seit 2015 intensiv in mehreren Flüchtlingsunterkünften in Hamburg gearbeitet und habe immer das Gefühl, dass alles, was wir dorthin bringen, mit einer solchen Dankbarkeit aufgenommen wird. Die Bewohner*innen freuen sich so sehr, wenn man sie besucht, wenn man sie begrüßt. Ich habe auch beobachtet, dass sie sich gerne Aufführungen anschauen und so dachte ich, dass es kein besseres Publikum für uns gibt! Ich fühle mich dort wohl und zuhause. Ich fühle mich immer willkommen, und das ist der Grund, warum ich beschlossen habe, meinen Tanz an diese Orte zu bringen. Nicht nur durch Unterrichten (wie in den Projekten, die ich bereits mache), sondern auch durch eigene Auftritte. Es ist ungewiss, ob die Art von Kunst/Performance, die wir bei CROWD machen, für sie am besten geeignet ist, aber wir sind begierig darauf, es auszuprobieren, und werden von dieser einzigartigen Art der Kommunikation angetrieben.“